Drei olympische Heimsiege, 4x Silber, zwei Bronze
Neun Medaillen in acht olympischen Segeldisziplinen der Kieler Woche 2023, darunter drei goldene, bleiben in Deutschland. In den Finalrennen am Mittwoch (21. Juni) gingen Marla Bergmann und Hanna Wille (Hamburg) im 49erFX, die 470er-Mixedcrew Simon Diesch/Anna Markfort (Friedrichshafen/Kiel) und iQ-Foilsurfer Sebastian Kördel, der in Tarifa lebt, als Gesamtsieger hervor.
Sechs weitere Podiumsplätze unterstreichen das gute Abschneiden der Nationalmannschaft des Deutschen Segler-Verbands (DSV). Die anderen Kieler Woche-Gewinner kommen aus Italien, Frankreich, Polen, Dänemark und der Türkei.
Der Medal-Race-Tag der Kieler Woche bot frischen Wind, Wellen und Sonne obendrein, so dass keine Wünsche offenblieben. „Es waren tolle Bilder auf dem Wasser, die von den Finals in die Welt gehen – spannende Rennen inmitten von Schaumkronen. Sportlich ein sehr versöhnlicher Abschluss für die Regatta in den olympischen Disziplinen. Trotz der schwachen Winde vor allem zu Beginn war es immer eine super Stimmung – wir hatten mediterrane Abende mitten in der Kieler Woche“, bilanzierte Regatta-Organisationsleiter Dirk Ramhorst.
Goldigen deutschen Jubel gab es gleich zum Auftakt: Im Fokus der TV-Kameras rasten die einheimischen 49erFX-Crews zu Gold und Silber für Maru Scheel/Freya Feilcke (Kiel). Mit geballten Fäusten und einem fetten Lachen im Gesicht kreuzten die jungen Hamburgerinnen Bergmann (21) und Wille (22) als Dritte über die Ziellinie, denn sie wussten, dass es zum Gesamtsieg reicht. Voller überschäumender Freude nahmen sie noch auf dem Wasser die Gratulationen von Trainern und Begleitern auf den Motorbooten entgegen, lagen sich mit ihren Kieler Konkurrentinnen in den Armen.
„Oh, mein Gott“, presste Hanna Wille hervor, legte im Jubel eine unfreiwillige Rückwärtsrolle auf dem Ausleger ihres Skiffs hin. Für ihr erstes Medal Race zur Kieler Woche hatte das Duo nur eine Vorgabe: „Wir haben alles riskiert, unnötige Zweikämpfe vermieden und unser eigenes Rennen gesegelt“, analysierte Marla Bergmann ihr Erfolgskonzept. Komplettiert wurde der deutsche Erfolg durch Gesamtrang zwei von Scheel/Feilcke. Die Kielerinnen hatten im Frühjahr wichtige Stationen ihres Studiums erledigt, um sich ganz auf Olympia 2024 zu konzentrieren. Den dritten Rang belegten die Italienerinnen Alexandra Stalder/Silvia Speri.
Wenn er surft, gewinnt er auch. Und das meistens souverän. Auf diese einfache Formel ist der zweite Kieler Woche-Sieg von Sebastian Kördel auf dem fliegenden iQ-Foil-Brett zu bringen. Nachdem der Weltmeister am Vortag noch mit den Windbedingungen bei Seegras haderte und zweimal passte, musste er sich im besonderen Medal-Race-Modus – für ihn ungewohnt – durch Viertel- und Halbfinale ins Shootout der besten Drei kämpfen. Dort zeigte Kördel Taehoon Lee aus Südkorea und dem Litauer Juozas Bernotas ihre Grenzen auf.
Damit versöhnte sich Kördel vollends mit der Kieler Woche „Ich habe gestern gesehen, dass heute Top-Bedingungen sein sollen, und wollte daher alle drei Rennen segeln“, scherzte der schnelle Foilsurfer. „Im Viertelfinale habe ich den Start zwar nicht ganz getroffen, aber am Ende war es dann relativ eindeutig.“ Auf einen Alleingang in Sachen nationaler Qualifikation für Olympia wollte er sich nicht festlegen lassen: „Bei uns kann alles passieren, da in den Regatten nur das letzte Rennen zählt. Das ist nicht das Format, was die Athleten wollen. Aber damit müssen wir umgehen.“
Ein hochspannendes und wechselvolles Finalrennen lieferten die deutschen 470er-Crews. Bei drehenden und böigen Winden schenkten sich die Duos aus den gemeinsamen Trainingsgruppen vom Start weg keinen Meter, unterwendeten sich gegenseitig und versuchten die Konkurrenten in Windabdeckung zu nehmen. Das finale Rennen gewannen zwar die Weltmeister Luise Wanser/Philipp Autenrieth (Hamburg/Augsburg). Gold, Silber und Bronze wurde allerdings dahinter ausgespielt – mit dem glücklichen Ende für Simon Diesch und Anna Markfort.
„Wenn es draußen verrückt ist, dann muss du innerlich ganz ruhig bleiben. Das ist uns heute gelungen“, sagte Simon Diesch und ergänzte mit Blick auf die nationale Ausscheidung für die Olympischen Spiele 2024: „Wir sind vier, fünf Top-Teams, und alle sind Weltspitze. Wer die Ausscheidung gewinnt, ist auch gleich ein Medaillenkandidat.“ Hinter Diesch/Markfort landeten Theres Dahnke/Matti Cipra (Plau am See) und das Kieler Ehepaar Malte und Anastasiya Winkel auf den Gesamträngen zwei und drei.
Mit Genugtuung und Bestätigung ihres hohen Potenzials beendeten die Lokalmatadoren Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer die Kieler Woche. Mit großem Vorsprung flogen sie zum Abschlusssieg auf dem Nacra 17, schafften damit noch den Sprung auf den Silberrang. An der Überlegenheit der Italiener Margherita Porro/Stefano Dezulian änderte das nichts. „Wir sind sehr glücklich, haben nie geglaubt, so überlegen zu gewinnen. Aber heute war es noch mal hart“, sagte Steuerfrau Porro, die über Winter viel trainiert hatte – ihr offenes Erfolgsgeheimnis.
Das Pendant zu dem deutschen Doppelsieg im Frauen-Skiff kam bei den Männern im 49er aus Polen. Die seit Beginn führenden Lukasz Przybytek/Jacek Piasecki mussten allerdings erheblich kämpfen, um den Gold-Triumph ins Ziel zu bringen. „Es war ein hartes Rennen. Wir haben zum Start einen Penalty kassiert und mussten Kringeln“, berichtete der Steuermann. Vom letzten Platz der Top-Ten arbeiteten sie sich aber noch auf Platz sechs nach vorn. Das reichte, um die nationalen Konkurrenten Dominik Buksak/Szymon Wierzbicki sowie die Österreicher Benjamin Bildstein/David Hussl auf Distanz zu halten. „Das war eine sehr solide Regatta von uns. Wir kennen das Revier, sind nicht zum ersten Mal in Kiel. Aber es war der erste Sieg für mich“, so der Vorschoter. Die deutschen Crews Fabian Rieger/Tom Heinrich sowie Jakob Meggendorfer/Andreas Spranger (alle Kiel) landeten im Gesamtranking schließlich auf den Plätzen sechs und sieben.
Eine durchweg starke Kieler Woche gegen weit mehr als 100 Gegner krönte Justin Barth mit „Bronze“. Sowohl im Medaillenrennen als auch insgesamt landete der 21-Jährige auf dem dritten Platz punktgleich mit dem Zweiten Alessio Spadoni aus Italien. „Das war nochmal sehr aufregend zum Schluss“, so der rundum glückliche Barth, „die Konstanz über die gesamte Serie der Schlüssel zum Erfolg.“ Mit Gesamtsieger Alexandre Boite aus Frankreich, der Geduld und Ausdauer der Wettfahrtleitung an den vorangegangenen Leichtwindtagen lobte, feierte der Berliner auf dem Podium. Das verpassten Ole Schweckendiek (Kiel) als Fünfter und Nik Aaron Willim (Schleswig) als Siebter.
Die beiden reinen Frauen-Disziplinen gingen an Dänemark und die Türkei. Beim iQ-Foilsurfen gewann die Dänin Lærke Buhl-Hansen im Grand Finale vor Theresa Steinlein (NRV Hamburg) und Giovanna Prada aus Brasilien. ILCA-6-Siegerin wurde Nazli Cagla Donertas vor Lilie May Niezabietowska aus Polen und die Australierin Evie Saunders. Julia Büsselberg (Berlin) wurde im Medal Race Dritte und Gesamtsechste, Pia Kuhlmann (Wunstorf) Neunte.
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